"Wir brauchen dauerhaft bezahlbare Strompreise"
Der Präsident des Bundeskartellamtes macht Druck auf die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Dringend erforderlich sind nach Ansicht von Andreas Mundt Marktintegration und Wettbewerb in der gesamten Energieerzeugung.
agrarzeitung: Warum braucht das EEG so dringend eine Reform?
Mundt: Das EEG stammt aus einer Zeit, in der die erneuerbaren Energien noch ein Nischendasein geführt haben. Zwischenzeitlich kommt aber rund ein Viertel des Stroms aus erneuerbaren Energien. Dieser Erfolg des EEG hat seinen Preis, den die Verbraucher jährlich mit etwa 20 Milliarden Euro bezahlen. Hinzu kommt, dass die Stromerzeugung aus Erneuerbaren losgelöst von Wettbewerbsdruck erfolgt und zu Verzerrungen bei der konventionellen Stromerzeugung führt. Ohne eine umfassende Marktintegration der Erneuerbaren und eine Erzeugung nach wettbewerblichen Kriterien drohen die Preise weiter aus dem Ruder zu laufen.
agrarzeitung: Die Verbraucher könnten aber sparen, würden sie nur den Anbieter wechseln. Reicht das nicht?
Mundt: Die Verbraucher können durch einen Anbieterwechsel zum Teil erhebliche Einsparungen erzielen. Davon sollten noch mehr Stromkunden Gebrauch machen. Auf Dauer bezahlbare Strompreise kann es aber nur geben, wenn bei der Stromerzeugung Wettbewerb herrscht – auch im Segment der Erneuerbaren.
agrarzeitung: Sollte uns die Energiewende nicht den teuren Strom wert sein?
Mundt: Die Frage ist vielmehr, wie lange wir uns den teuren Strom noch leisten können. Seit der Liberalisierung steigen die Strompreise für die Verbraucher, obwohl der Preis für das Produkt Strom im Vergleich kaum angestiegen ist. Allerdings ist der staatliche Anteil am Strompreis auf fast 50 Prozent angestiegen. Infolge der Energiewende dürften die Belastungen für die Verbraucher – vor allem für die Förderung der erneuerbaren Energien – noch weiter ansteigen.
agrarzeitung: Sie schlagen als Alternative ein Quotenmodell vor. Kritiker sagen, dass es sich in Ländern nicht bewährt hat. Was können wir besser machen?
Mundt: Wie so oft kommt es auch bei einem Quotenmodell auf die konkrete Ausgestaltung an. Insbesondere geht es darum, die Anreize zur Erfüllung der Quote bestmöglich zu setzen. Wenn es für ein Unternehmen zum Beispiel preisgünstiger ist, eine Strafzahlung zu leisten, anstatt seine Quotenverpflichtungen zu erfüllen, läuft das den Ausbauzielen für erneuerbare Energien entgegen. Deshalb ist es wichtig, die Regelung sorgfältig auszugestalten. Das ist Aufgabe der Politik.
agrarzeitung: Käme die Quote in Deutschland: Welcher Energieträger setzt sich ihrer Einschätzung nach durch?
Mundt: Der große Vorteil eines Quotenmodells ist, dass Anreize für Investitionen in möglichst kosteneffiziente Anlagen gesetzt werden. Nach heutigem Stand könnte das insbesondere Investitionen in Windkraftanlagen anreizen. Vielleicht beobachten wir aber bald auch weitere Kostensenkungen bei Fotovoltaik-Anlagen.
agrarzeitung: Aus Brüssel kommt ebenfalls Kritik am EEG. Sind die Überlegungen von Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia die gleichen wie im Bundeskartellamt?
Mundt: Die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission schaut aus beihilferechtlichem Blickwinkel, ob das deutsche EEG einzelne Branchen oder Verbrauchergruppen bevorzugt und dadurch der zwischenstaatliche Handel beeinträchtigt wird. Der Blickwinkel des Bundeskartellamts ist ein wenig anders: Wir sehen das EEG insbesondere im Verhältnis zur wettbewerblich organisierten Stromerzeugung in konventionellen Kraftwerken kritisch. Strom aus Erneuerbaren wird nicht nach Bedarf erzeugt und verdrängt die konventionelle Stromerzeugung immer mehr. Wenn das so weitergeht, beeinträchtigt das die Versorgungssicherheit
Die Fragen stellte Dagmar Behme.
Quelle: agrarzeitung am 21.12.2012