Bundeskartellamt verhängt Bußgelder gegen Pharmagroßhändler

01.09.2006

Das Bundeskartellamt hat gegen vier Unternehmen des Pharmagroßhandels und gegen sieben persönlich Verantwortliche Bußgelder wegen kartellrechtswidriger Absprachen in Höhe von insgesamt rd. 2,6 Mio. Euro verhängt. Bei den betroffenen Unternehmen handelt es sich um die Andreae-Noris Zahn AG (Anzag), die Phoenix Pharmahandel AG & Co. KG (Phoenix), die Gehe Pharma Handel GmbH (Gehe) und die Sanacorp Pharmahandel AG (Sanacorp).
Anfang 2003 hatte sich der Pharmagroßhändler Anzag zu einer sog. "Vorwärtsstrategie" entschlossen, um seinen Marktanteil auszubauen. Im Rahmen dieser Strategie erhöhte Anzag die den Apothekern gewährten Rabatte. Um ihre verlorenen Marktanteile zurückzugewinnen, reagierten andere Pharmagroßhändler ebenfalls mit erhöhten Rabatten. Dies führte zu einem Preiskampf in der Branche.
Nach einem Wechsel im Vorstand entschloss sich Anzag Mitte 2003, den in der Branche als "Rabattschlacht" bezeichneten Preiskampf zu beenden. Dazu wurde mit den drei anderen großen bundesweit tätigen Pharmagroßhändlern Phoenix, Gehe und Sanacorp vereinbart, die von Anzag im Zuge der "Vorwärtsstrategie" gewonnenen Marktanteile wieder auf die drei Pharmagroßhändler zu verteilen. Auf regionaler Basis wurden daher sog. "Saldenlisten" ausgetauscht. In diesen wurde aufgelistet, wie viele Apotheken mit welchem durchschnittlichen Monatsumsatz in der betreffenden Region von Anzag zu dem jeweiligen Wettbewerber gewechselt waren und umgekehrt. Die Differenz sollte in der Weise ausgeglichen werden, dass Anzag Apotheken mit einem entsprechenden Einkaufsvolumen ungünstige Einkaufskonditionen gewährt, um den Apotheker zu veranlassen, zu dem jeweiligen Ab-

sprachepartner zu wechseln. Auf diese Weise sollte die Marktruhe wiederhergestellt, der Rabattwettbewerb beendet und die Marktanteile auf den Stand vor der Zeit der „Vorwärtsstrategie“ gebracht werden.
Kartellamtspräsident Ulf Böge: "Nach den vom Bundeskartellamt aufgrund von Durchsuchungen sichergestellten Beweismitteln hat das Amt keine Zweifel an der vorsätzlichen Absprache der beschuldigten Pharmagroßhändler. Es handelt sich hier um ein Quotenkartell an der Grenze zu einem Preiskartell, der schärfsten Form der Wettbewerbsbeschränkung. Es ist wichtig, dass das Bundeskartellamt hier entsprechend durchgreift, zumal das Bundeskartellamt bereits 1990/1991 wegen ähnlicher Absprachen Geldbußen gegen zahlreiche Pharmagroßhändler und deren Verantwortliche verhängt hatte. Wie schon in anderen Branchen ist auch in diesem Fall die Kartellabsprache auf der Führungsebene initiiert worden. Da für die Bußgeldbemessung das zum Zeitpunkt des Kartellverstoßes geltende Gesetz angewendet werden musste und ein kartellbedingter Mehrerlös letztlich nicht mit der notwendigen Sicherheit festgestellt werden konnte, fielen die Bußgelder vergleichsweise milde aus. Nach dem seit Juli 2005 geltenden Recht wären die Sanktionen deutlich höher ausgefallen."
Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig. Die betroffenen Personen und Unter-nehmen können gegen die Beschlüsse Einspruch beim OLG Düsseldorf einlegen.

English version

  • Bundeskartellamt imposes fines against pharmaceutical wholesalers