Untersuchung zum Scoring beim Online-Shopping

Im Juni 2024 hat das Bundeskartellamt eine verbraucherrechtliche Sektoruntersuchung zum Thema „Scoring“ beim Online-Shopping abgeschlossen. Hierbei geht es um die weit verbreitete Vorgehensweise von Online-Händlern oder von diesen beauftragten Zahlungsdienstleistern zur Überprüfung der Bonität, d.h. der Zahlungsfähigkeit von Verbraucherinnen und Verbrauchern beim Online-Shopping. Im Abschlussbericht der Untersuchung kommt das Bundeskartellamt zu dem Ergebnis, dass Online-Händler, Zahlungsdienstleister und Auskunfteien die geltenden Vorgaben des Verbraucherrechts nicht immer einhalten. Der Bericht ist hier abrufbar.

Mangelnde Transparenz

Die Bonitätsprüfungen laufen vielfach im Hintergrund ab, ohne dass die Verbraucherinnen und Verbraucher davon etwas wissen. Dabei verwenden die Unternehmen teilweise eigene Kundendaten und teilweise auch sogenannte Score-Werte, die von Wirtschaftsauskunfteien auf der Basis weiterer personenbezogener Daten erstellt werden. Bei einem ungünstigen Ergebnis der Bonitätsprüfung wird den Kundinnen und Kunden die Bezahlmöglichkeit auf Rechnung oder ein Ratenkauf häufig nicht mehr angeboten. Die Untersuchung des Bundeskartellamtes hat ergeben, dass es in vielen Fällen an der nötigen Transparenz über die Bonitätsprüfungen fehlt. Informationen darüber werden häufig gar nicht oder nur schwer erkennbar in AGB erteilt und in einigen Fällen erfolgt die Information sogar erst nach Durchführung der Bonitätsprüfung, sodass der Kunde diese nicht verhindern kann.

Defizite beim Umgang mit Daten

Es hat sich gezeigt, dass Online-Händler, Zahlungsdienstleister und Wirtschaftsauskunfteien zahlreiche Kundendaten untereinander austauschen und verarbeiten. Bei den Bonitätsprüfungen werden dann häufig nicht nur das frühere Zahlungsverhalten, sondern auch die Anschrift, das Alter oder teilweise auch Informationen wie die Häufigkeit von Umzügen oder die Uhrzeit der Bestellung einbezogen. Eine hohe Prognosegenauigkeit der Score-Modelle liegt im eigenen Interesse der Unternehmen und wird bei Auskunfteien zudem durch wissenschaftliche Gutachten überprüft, die von den Unternehmen selbst in Auftrag gegeben werden. Daneben ist allerdings der datenschutzrechtliche Grundsatz der Datenminimierung zu beachten. Nach den Ermittlungsergebnissen ist jedenfalls die Notwendigkeit der Verarbeitung bestimmter Daten in einigen Fällen fraglich. Die Datenverarbeitung im Rahmen des Bonitätsscorings ist außerdem nur zulässig, wenn ein datenschutzrechtlicher Rechtfertigungsgrund vorliegt. Wenn eine Datenverarbeitung beispielsweise „auf Vorrat“ erfolgt, ist in der Regel kein berechtigtes Interesse der Unternehmen gegeben. 

Begrenzte Kontrollmöglichkeiten

Die Möglichkeiten der Kontrolle und der Ahndung eventueller Verbraucherrechtsverstöße in Bezug auf die Durchführung des Scorings beim Online‐Shopping sind derzeit begrenzt. Sie reduzieren sich weitgehend auf wissenschaftliche, mathematisch‐statistische Gutachten, die von den überprüften Auskunfteien selbst beauftragt (und bezahlt) werden und den zuständigen Datenschutzbehörden vorgelegt werden müssen. Eine inhaltliche Kontrolle der von Online‐Händlern oder Zahlungsdienstleistern selbst durchgeführten Bonitätsprüfungen oder Score‐Wert‐Erstellungen findet – soweit ersichtlich – gar nicht statt. Die Veröffentlichung des Abschlussberichts der Sektoruntersuchung fällt in eine Zeit, in der diskutiert wird, auch einen stärkeren Schutz vor Diskriminierung beim Scoring gesetzlich festzuschreiben, etwa um Privatpersonen davor zu schützen, allein wegen ihres Wohnumfeldes einen schlechteren Score-Wert zu erhalten.

Hintergrund: Ist Scoring grundsätzlich sinnvoll?

Bonitätsprüfungen und Scoring sind aus rein ökonomischer Sicht sinnvoll. Eine möglichst korrekte Prognose der Zahlungswahrscheinlichkeit liegt nicht nur im Interesse der Online-Händler und Zahlungsdienstleister. Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher können profitieren, wenn Zahlungsausfälle im Online-Handel insgesamt begrenzt werden, was sich letztlich günstig auf das Preisniveau auswirkt. Nach den Ergebnissen der Untersuchung des Bundeskartellamtes ist das Scoring für die Verbraucherinnen und Verbraucher aber in vielen Fällen nicht transparent genug. Außerdem gibt es Defizite bei der Datenverarbeitung und die Kontrollmöglichkeiten sind begrenzt.

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