Einstellung des Verfahrens gegen die DB AG wegen missbräuchlicher Trassenpreisstruktur
20.03.2001
Das Bundeskartellamt stellt das Verfahren gegen die DB AG wegen missbräuchlicher Trassenpreisgestaltung ein. Kartellamtspräsident Ulf Böge: „Das Bundeskartellamt begrüßt die Entscheidung der DB AG, ein neues Trassenpreissystem (TPS 01) einzuführen. Die DB AG hält damit ihre Zusage ein, das derzeit bestehende, in kartellrechtlicher Hinsicht kritisch zu beurteilende TPS 98 wettbewerbsgerecht umzugestalten. Mit der Einführung der neuen Trassenpreisstruktur wird ein wesentliches Hindernis für wirksamen Wettbewerb auf der Schiene beseitigt."
Das Missbrauchsverfahren war aufgrund von Beschwerden mehrerer privater Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und Aufgabenträgern für den öffentlichen Schienenpersonennahverkehr (SPNV) eingeleitet worden. Die Ermittlungen des Amtes ergaben, dass bei Anwendung des TPS 98 die Wettbewerber 25% und in der Spitze über 40% höhere Trassenkosten hatten als das DB-Tochterunternehmen DB Regio. Das Bundeskartellamt sah darin eine unzulässige Diskriminierung durch die DB AG (Missbrauchsverbot des § 20 Abs. 1 GWB). Da das Amt selbst nach dem Kartellrecht kein bestimmtes Trassenpreissystem vorgeben kann, oblag es der DB AG, durch geeignete unternehmenspolitische Maßnahmen eine Untersagungsentscheidung des Amtes abzuwenden.
Nach dem nunmehr von der DB AG angekündigte TPS 01 ergeben sich die von einem EVU zu zahlenden Trassenpreise aus der Kombination von - nach Streckenkategorien gestaffelten - Grundpreisen und verschiedenen, unter anderem an der Verkehrsart und der Fahrplanflexibilität anknüpfenden Produkt- und Belastungsfaktoren. Alle Wettbewerber, die auf einem bestimmten Netzabschnitt eine spezifische Verkehrsleistung erbringen, zahlen danach den gleichen Trassenpreis pro gefahrenem Zug-Kilometer. Die festgestellten diskriminierenden Wirkungen wesentlicher Bausteine des TPS 98, auf die sich der Missbrauchsvorwurf des Bundeskartellamtes gestützt hat, werden hierdurch vermieden.
Das Bundeskartellamt kann nach dem Kartellrecht dem neuen TPS 01 der DB AG jedoch keine abschließende Genehmigung erteilen. Nach Böge kommt es jetzt auf die praktische Handhabung durch die DB AG an. Sollte es gegen die konkrete Anwendung des neuen Systems TPS 01 Beschwerden geben, werde ihnen das Amt sehr genau nachgehen und gegebenenfalls eingreifen.
Das Bundeskartellamt prüfe weiterhin, in welchem Umfang die DB AG im neuen System anderen Unternehmen, die den diskriminierungsfreien Zugang zu ihrem Netz verlangen, ausreichend detaillierte Informationen zur Struktur des Trassenpreissystems und der betroffenen Netzinfrastruktur (u.a. Streckenprofile, zulässige Geschwindigkeiten) zur Verfügung stelle. Das Amt werte ausreichende Transparenz als wesentliches Element eines diskriminierungsfreien Wettbewerbs.