Bundeskartellamt gibt MineralölfusionenShell/DEA und BP/Veba Oel nur mit strikten Auflagen frei
20.12.2001
Das Bundeskartellamt hat die Zusammenschlussvorhaben der Deutsche Shell GmbH, Hamburg (Shell) und der DEA Mineralöl AG, Hamburg (DEA) sowie der Deutsche BP AG, Hamburg (BP) und der Veba Oel AG, Gelsenkirchen (Veba Oel) unter strikten Auflagen freigegeben. Kartellamtspräsident Ulf Böge: "Die Unternehmen haben sich zur Erlangung der Fusionsgenehmigung verpflichtet, ihre Marktanteile durch den Verkauf von Tankstellen unter die Schwelle der gemeinsamen Marktbeherrschung abzubauen. Neben dieser Begrenzung des Konzentrationsgrads auf dem Tankstellenmarkt stellen weitere Auflagen sicher, dass insbesondere die Versorgungsmöglichkeit der unabhängigen Tankstellenbetreiber mit Kraftstoffen auch in Zukunft garantiert wird."
Shell/DEA und BP/ Veba Oel werden 5,3% bzw. 4% des gesamten inländischen Tankstellenabsatzes an dritte Unternehmen veräußern, wobei es nicht zu marktbeherrschenden Stellungen kommen darf. Die Rückführung des Marktanteils entspricht bei einem Tankstellennetz von ungefähr 16.000 Tankstellen einer Tankstellenzahl von rund 1500 Tankstellen. Etwaige Stilllegungen von Tankstellen zählen nicht als Verkauf im Sinne der Auflagen und bleiben unberücksichtigt. Um den Erwerbern der Tankstellen die Möglichkeit zu geben, eine gefestigte Wettbewerbsposition aufzubauen, wird Shell/DEA beim Verkauf von Tankstellen an raffinerieunabhängige Erwerber Kraftstofflieferungen zu günstigen Konditionen über einen Zeitraum von bis zu 5 Jahren anbieten. Die Erwerber haben dabei die Möglichkeit, zwischen drei Preismodellen zu wählen. Sie können die Kraftstoffe beziehen, als ob sie in
Lohnverarbeitung hergestellt und geliefert werden, d.h. der Tankstellenbetreiber wird so behandelt, als ob er selbst Raffineriebetreiber wäre. Alternativ können die Kraftstoffe auf Basis
der mittleren Inlandsnotierung (OMR - Region) bezogen werden. Eine weitere Möglichkeit besteht in einem Ankauf auf der Grundlage der internationalen Preisnotierung (zusätzlich Transportkosten für die Ablieferung im Inland).
Zusätzlich werden von Shell/DEA entlang der RMR–Pipeline im Westen Deutschlands in Lagern 1,3 Mio Kubikmeter Kraftstoffe jährlich über einen Zeitraum von 10 Jahren zu den Konditionen eines Pipelinebetreibers angeboten. Hierdurch wird die logistische Basis für die Kraftstoffbeschaffung raffinerieunabhängiger Tankstellen verbessert.
BP/Veba Oel muss Gesellschaftsanteile in Höhe von insgesamt 45% des Stammkapitals der Bayernoil Raffineriegesellschaft GmbH an einen Dritten veräußern, der nicht selbst an einer größeren Raffineriegesellschaft mit eigenem Tankstellennetz beteiligt ist. Damit ist ein Treibstoffvolumen verbunden, das einem Anteil von 6,6% des Tankstellenabsatzes entspricht. Mit dieser Auflage werden Beschaffungsmöglichkeiten für unabhängige Tankstellenbetreiber eröffnet, die nicht mit Raffineriegesellschaften verbunden sind. Mit diesen Auflagen wird der auf diesem Markt hohe Konzentrationsgrad von über 60% der drei größten Unternehmen Shell/DEA, BP/Veba Oel und Esso (Oligopol) deutlich vermindert.
Die Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen auf dem Markt für Flugturbinentreibstoff Jet A 1 ist unter Berücksichtigung der Auflagen nicht zu erwarten.
Die Infrastrukturengpässe am Frankfurter Flughafen, auf den allein rund 60% des Flugturbinentreibstoffabsatzes entfallen, werden durch Auflagen entschärft. So stellen Shell/DEA, die den Frankfurter Flughafen über die RMR-Pipeline mit Flugturbinentreibstoff versorgen, unmittelbar am Flughafen jährlich 10 Jahre lang 200.000 Kubikmeter Jet A 1 zu günstigen Konditionen zur Verfügung. Der Erwerber des Treibstoffs wird so gestellt, als würde er ebenfalls über die kostengünstige Infrastruktur der Pipelineversorgung verfügen. Zu vergleichbaren Bedingungen stellen BP/Veba Oel 3 Jahre lang eine weitere Menge von jährlich 100.000 t bereit.
Darüber hinaus wird sich Shell/DEA aus einem der drei Betankungsunternehmen am Frankfurter Flughafen zurückziehen. Durch den Verkauf des 45%igen Anteils an der Bayernoil-Raffineriegesellschaft werden dem Erwerber rund 100.000 t Jet A 1 jährlich zukommen, der diese Mengen ebenfalls in Frankfurt zur Versorgung anbieten könnte.
Auf dem Markt für Bitumen haben die Unternehmen die Bedenken des Bundeskartellamtes ausräumen können, dass die Zusammenschlüsse zu einer Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen führen würden.