Gründung der Eurohypo AG wird nach Freigabe weiter geprüft
20.06.2002
Das Bundeskartellamt hat die fusionskontrollrechtliche Prüfung zur Gründung der Eurohypo AG, Frankfurt, durch die Verschmelzung der drei Hypothekenbankentöchter der Geschäftsbanken Deutsche Bank AG, Frankfurt, Dresdner Bank AG, Frankfurt, und Commerzbank AG, Frankfurt, abgeschlossen. Das Fusionsvorhaben war insoweit freizugeben, da es nicht zur Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen kommt.
Bundeskartellamtspräsident Ulf Böge: "Die Umsetzung des Fusionsvorhabens ist allerdings nur unter der Voraussetzung möglich, dass keine Bedenken hinsichtlich eines Kartellverstoßes bestehen. Da die drei Großbanken einerseits die Anteile an der Eurohypo halten, andererseits aber nach wie vor selbst auf den Märkten für Immobilienfinanzierung aktiv tätig bleiben, sind sie Wettbewerber auf diesen Märkten. Das Bundeskartellamt hat deshalb weiter zu prüfen, ob die Geschäftsbanken ihr Verhalten im Hinblick auf das gemeinsame Interesse am Erfolg der Eurohypo untereinander koordinieren und dadurch der Wettbewerb zwischen ihnen beschränkt wird. Die kartellrechtliche Prüfung des Vorhabens ist insoweit noch nicht abgeschlossen."
Im Rahmen seiner fusionskontrollrechtlichen Prüfung hat das Bundeskartellamt auf keinem der betroffenen Märkte für Immobilienfinanzierung, Staatskredite und Pfandbriefe die Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen festgestellt.
Auf den Märkten für Finanzierung gewerblicher Immobilien, gewerblichen und privaten Wohnungsbaus erreicht Eurohypo Marktanteile, die in keinem Fall über 15 % hinausgehen. Die Eurohypo liegt auf den betroffenen Märkten entweder deutlich hinter der Depfa-Gruppe oder der Hypo Vereinsbank. Auf dem Markt für Staatskredite erreicht die Eurohypo AG Marktanteile, die unter 20 % und damit weiter unterhalb der fusionskontrollrechtlich bedenklichen Größenordnung von 33% liegen. Auf dem Pfandbriefmarkt liegen die Marktanteile auch bei der engsten Marktabgrenzung ebenfalls weit unterhalb der Schwelle, ab der eine marktbeherrschende Stellung vermutet wird.
Auch unter dem Aspekt der Finanzkraft kommt es nicht zur Entstehung oder Verstärkung marktbeherrschender Stellungen. Beim Zugang zu den Märkten werden große Hypothekenbanken wie die Eurohypo keinen entscheidenden Vorteil gegenüber kleineren Instituten erlangen. Die Beratungsleistungen insbesondere bei den gewerblichen Immobilienfinanzierung gewinnen zunehmend an Bedeutung. Diese sind zahlreichen Instituten unabhängig von ihrer Größe und Eigenkapitalbasis möglich.
Hintergrund:
Bei der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens sind sowohl die fusionskontrollrechtlichen Bestimmungen (§§ 35 ff. Kartellgesetz) als auch die Vorschriften des Kartellverbots (§ 1 Kartellgesetz) zu prüfen. Im Rahmen der Fusionskontrolle ist festzustellen, ob durch die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Diesen Teil der Prüfung hat das Bundeskartellamt nun mit einer Freigabeentscheidung abgeschlossen.
Nach dem Kartellgesetz muss außerdem geprüft werden, ob der Wettbewerb zwischen den Muttergesellschaften des Gemeinschaftsunternehmens beschränkt wird und damit das Kartellverbot berührt ist. Dies kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insbesondere der Fall sein, wenn die Muttergesellschaften weiter auf den Märkten des Gemeinschaftsunternehmens tätig sind. Voraussetzung für eine Wettbewerbsbeschränkung ist nicht, dass die Muttergesellschaften das Gemeinschaftsunternehmen zu einem bestimmten Verhalten im Wettbewerb anweisen können, sondern dass es kaufmännisch vernünftig ist, im Hinblick auf den gemeinsam angestrebten Erfolg des Gemeinschaftsunternehmen untereinander auf Wettbewerb zu verzichten. Ob dies im Verhältnis der Geschäftsbanken Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank zu dem Gemeinschaftsunternehmen Eurohypo der Fall ist, kann auf der Grundlage der bisher vorliegenden Tatsachen noch nicht abschließend beurteilt werden. Den beteiligten Unternehmen ist mitgeteilt worden, dass dieser Teil der kartellrechtlichen Prüfung noch nicht abgeschlossen ist und damit eine wichtige Voraussetzung für die kartellrechtliche Unbedenklichkeit des Zusammenschlussvorhabens noch nicht vorliegt.