Bundeskartellamt bebußt Preiskartell im Papiergroßhandel mit 57,6 Mio. Euro

04.05.2004

Das Bundeskartellamt hat gegen 12 Unternehmen des Papiergroßhandels und 46 verantwortliche Personen wegen verbotener Preisabsprachen Bußgelder in Höhe von insgesamt 57,6 Mio. Euro verhängt. Nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes waren die folgenden Unternehmen an den Absprachen beteiligt:

 

·         G. Schneider & Söhne GmbH & Co. KG, Ettlingen,

·         Papier Union GmbH & Co. KG, Hamburg,

·         Classen Papier GmbH, Essen, bzw. Classen Holding KG, Essen,

·         Deutsche Papier Vertriebs GmbH, Augsburg,

·         die in der Igepa-Gruppe (Interessengemeinschaft Papier)  
zusammengeschlossen Unternehmen:

-       Freytag & Petersen GmbH & Co., Köln,

-       E. Michaelis & Co. (GmbH & Co.), Reinbek,

-       Vereinigte Papier Papiergroßhandlungen GmbH & Co. KG, Hemmingen,

-       Drissler & Co. Papiergroßhandel GmbH & Co. KG, Frankfurt,

-       Hansa-Papier GmbH & Co. KG, Bremen,

-       Igepa Papiergroßhandel GmbH, Queis,

sowie zwei kleinere mittelständische Unternehmen, die zwischenzeitlich von einem der größeren Papierunternehmen erworben wurden.

Das Bundeskartellamt hat insgesamt zehn regionale Kartelle aufgedeckt, die teilweise durch die Mehrfachmitgliedschaft einiger Personen miteinander verknüpft waren. Gegenstand der Absprachen waren in den zehn betroffenen Regionalkartellen die Preise von Bilderdruck-, Offset- und Selbstdurchschreibepapieren im sogenannten Lagergeschäft (Belieferung der Druckereien vom Großhandelslager bis zur Bestellgröße von drei Tonnen). Bebußt wurden Absprachen in verschiedenen Zeiträumen zwischen Mai 1995 und April 2000. Das von den Preisabsprachen betroffene Umsatzvolumen betrug insgesamt rund 1 Mrd. Euro.

Die Absprachen basierten auf Grundvereinbarungen, die bei regelmäßigen Zusammenkünften der Kartellanten fortlaufend angepasst wurden. Dabei wurden nicht nur generell Preise für sogenannte „Normalkunden“ abgesprochen, sondern auch individuell für sogenannte „geregelte Kunden“ (insbesondere große Druckereien). Daneben existierten Stillhalteabkommen, mit denen die Papiergroßhändler sicherstellten, sich gegenseitig keinen Preiswettbewerb zu machen und keine Kunden abzuwerben.

Die Einhaltung der Absprachen wurde fortlaufend durch ein System der permanenten gegenseitigen Information und Kontrolle sichergestellt. Abweichungen von den Absprachen wurden durch den Außendienst der Kartellmitglieder festgestellt und während der Kartelltreffen oder in bilateralen Gesprächen abgestellt.

Kartellamtspräsident Böge: „Aufgrund der Kartellabsprachen konnten die an den jeweiligen Regionalkartellen beteiligten Unternehmen die Preise für die betroffenen Papiersorten dauerhaft auf ein Niveau anheben, welches bei funktionierendem Wettbewerb nicht erreichbar gewesen wäre. Durch diese Absprachen sind nicht nur die Druckereien als unmittelbare Abnehmer, sondern auch deren Kunden sowie die Endverbraucher geschädigt worden.“ Laut Böge war für den Erfolg der Ermittlungen wesentlich, „dass nach den Durchsuchungen im April 2000 eine Reihe kleinerer Wettbewerber im Rahmen des Bonusprogramms mit dem Bundeskartellamt kooperiert und mehrere Einzelpersonen aus verschiedenen Unternehmen im Laufe des Verfahrens Geständnisse abgelegt haben.“

Böge weiter: „Ich finde es erschreckend, wie gering das Unrechtsbewusstsein bei den meisten betroffenen Unternehmen ausgeprägt ist, obwohl die Landeskartellbehörde Nordrhein-Westfalen wegen der gleichen Absprachepraxis bereits im Februar 1993 gegen verschiedene Papiergroßhändler rechtskräftig Geldbußen in Höhe von insgesamt 1,75 Mio. DM verhängt hatte. Diese waren aber offensichtlich zu niedrig.“

Die Unternehmen haben die Möglichkeit, gegen die Bußgeldbescheide des Bundes­kartellamtes binnen zweier Wochen Einspruch einzulegen. Böge dazu: „Wie schon in anderen Fällen haben die Gespräche mit den Betroffenen gezeigt, dass - trotz der Beweislage – schon deshalb mit Einsprüchen zu rechnen ist, weil sich die Unternehmen von einer längeren Verfahrensdauer einen entsprechenden Zinsgewinn versprechen. Um diesen Anreiz zum Einspruch zu nehmen, trete ich für die in der zur Zeit vorbereiteten Novellierung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geplante  Verzinsungspflicht für Bußgelder ab dem Tag der Festsetzung ein. So könnte auch einer Überlastung des OLG Düsseldorf mit Einsprüchen entgegengewirkt werden. Im Kartellverfahren der EU-Kommission existiert eine solche Verzinsungsregelung bereits. Die Möglichkeiten geschädigter Kunden, vor Gericht Schadensersatzklage gegen die Kartellmitglieder zu stellen, müssen selbstverständlich erhalten bleiben.“

English version

  • Bundeskartellamt fines price cartel in paper wholesale sector Eur 57.6 million