Bundeskartellamt untersagt gemeinsame Beteiligung von Rethmann und Tönsmeier an der Gesellschaft für Abfallwirtschaft Köthen
24.11.2004
Das Bundeskartellamt hat die gemeinsame Beteiligung der zur Rethmann-Gruppe gehörenden Rethmann Kommunale Dienste Nord GmbH ("Rethmann") und Tönsmeier Entsorgungsdienste GmbH ("Tönsmeier") an der Gesellschaft für Abfallwirtschaft Köthen ("GfA Köthen") sowohl fusionskontrollrechtlich als auch nach § 1 GWB untersagt. Gleichzeitig hat das Amt festgestellt, dass bei der Ausschreibung zur Privatisierung der GFA Köthen bereits die vorausgegangene Bildung einer Bietergemeinschaft durch Rethmann und Tönsmeier ebenfalls gegen § 1 GWB verstoßen hat. Die GfA Köthen, ein Gemeinschaftsunternehmen des Landkreises und der Stadt Köthen (Sachsen-Anhalt), ist in verschiedenen Entsorgungsmärkten tätig, vor allem auf dem Markt für die Sammlung und den Transport von Restmüll, Altpapier und anderen Abfallarten.
Nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes hätte der angemeldete Zusammenschluss zur Verstärkung eines marktbeherrschenden Oligopols auf den Märkten für die Sammlung und den Transport von Restmüll und von Altpapier in einem räumlichen Gebiet von ca. 100 km um den Landkreis Köthen geführt. In diesem Verfahren hat das Bundeskartellamt erstmals die Marktverhältnisse auf den Märkten für die Sammlung und den Transport von Abfällen in den neuen Bundesländern vertieft untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass auch bei Ausschreibungen in den neuen Bundesländern nur solche Unternehmen erfolgversprechende Angebote abgeben können, die bereits in einer gewissen räumlichen Nähe des Ausschreibungsortes eine Niederlassung haben und hierdurch Synergieeffekte realisieren können. Der räumliche Markt erstreckt sich nach den Ermittlungen im vorliegenden Fall auf alle Landkreise in einem Umkreis von ca. 100 km um das Ausschreibungsgebiet, den Landkreis Köthen. In diesem räumlich relevanten Markt, der ca. 41 % aller Einwohner der neuen Bundesländer, deren Abfälle von privaten oder gemischtwirtschaftlichen Entsorgungsunternehmen gesammelt und transportiert werden, umfasst, halten vier Unternehmen – Rethmann, RWE Umwelt, Sita und Alba – zusammen Marktanteile von gut 75 % für die Sammlung und den Transport von Restmüll bzw. 74 % bei Altpapier. Sowohl die markt- und unternehmensbezogenen Strukturfaktoren als auch das beobachtete tatsächliche Wettbewerbsverhalten belegen, dass diese vier Unternehmen bereits vor dem angemeldeten Zusammenschluss ein marktbeherrschendes Oligopol bildeten. Durch die gemeinsame Übernahme der GfA Köthen sowie durch die Einbindung von Tönsmeier in das Oligopol wäre die marktbeherrschende Stellung des Oligopols verstärkt worden. GfA Köthen und Tönsmeier halten insgesamt Marktanteile von ca. 10 % beim Restmüll bzw. 5 % bei Altpapier.
Sowohl die Bildung der Bietergemeinschaft durch Rethmann und Tönsmeier als auch die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens stellen zudem nach § 1 GWB verbotene wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen dar. Die Bildung der Bietergemeinschaft führte dazu, dass statt zweier wettbewerblich unabhängiger Angebote bei der Ausschreibung zur Privatisierung der GfA Köthen nur ein gemeinsames Angebot abgegeben wurde. Sie ist auch nicht durch den Arbeitsgemeinschaftsgedanken gerechtfertigt, da Rethmann – das zweitgrößte deutsche Entsorgungsunternehmen – und Tönsmeier, ein großer Mittelständler, im konkreten Fall jeweils eigenständig in der Lage gewesen wären, ein Angebot abzugeben. Die Gründung des kooperativen Gemeinschaftsunternehmens hätte nach Einschätzung des Bundeskartellamts dazu geführt, dass Rethmann und Tönsmeier nach dem Zusammenschluss ihr Wettbewerbsverhalten im räumlich relevanten Markt koordiniert hätten.
Gegen die Entscheidung ist die Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf möglich. Der Text der Entscheidung ist in Kürze unter www.bundeskartellamt.de abrufbar.