Bundeskartellamt genehmigt Übernahme des Digital Playout Center von Premiere durch SES Astra (Satellitenfernsehen / Pay-TV)
30.12.2004
Das Bundeskartellamt in Bonn hat den Erwerb sämtlicher Anteile an der DPC Digital Playout Center GmbH, Unterföhring, von der Premiere Fernsehen GmbH & Co. KG, Unterföhring, durch die SES Global Europe S.A., Betzdorf/Luxemburg, freigegeben. Betroffen ist der Markt für die Übertragung von Satellitenprogrammen und der Pay-TV-Endkundenmarkt in Deutschland.
SES Global betreibt in Europa die ASTRA Satellitenflotte und stellt insbesondere Rundfunkanbietern Transponderkapazität für die Ausstrahlung ihrer Programme über Satellit an den Endkunden bereit (DTH „direct to home“). DPC erbringt derzeit konzernintern für Premiere die erforderlichen technischen Dienstleistungen für Pay-TV (sog. digitale Plattform: Verschlüsselung, SmartCard-Verwaltung, Set-Top-Boxen). Mit der Übernahme wird SES Astra die bisher im Eigentum von Premiere stehende digitale Plattform für alle interessierten Pay-TV-Anbieter öffnen.
Der Zusammenschluss führt zwar zu einer Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von SES Astra auf dem nationalen DTH-Transpondermarkt. Im Hinblick auf die durch die Entflechtung der digitalen Plattform für Pay-TV von Premiere entstehenden Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen auf dem nationalen Pay-TV-Markt war das Vorhaben jedoch freizugeben (Abwägungsklausel).
Die Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung von SES Astra folgt aus der vertikalen Integration des marktbeherrschenden Satellitenbetreibers mit dem einzigen Dienstleister, der den Zugang zu den Premiere-Set-Top-Boxen für den Satellitenbereich gewähren kann. Hierdurch werden zwei wesentliche technische Pay-TV-Vorleistungskomponenten mit Netzcharakter bei einem Betreiber gebündelt.
Die Beteiligten haben jedoch nachgewiesen, dass es durch den Zusammenschluss zu Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen auf dem derzeit von Premiere beherrschten Pay-TV-Markt kommen wird, die die Verstärkungswirkungen überwiegen (Abwägungsklausel). Premiere hat bislang den Pay-TV-Markt durch eine proprietäre Verschlüsselungstechnologie und die darauf abgestimmte Set-Top-Box-Infrastruktur abgeschottet. Der Zusammenschluss ermöglicht nunmehr über ein von Premiere unabhängiges Unternehmen den Zugang zu der etablierten Set-Top-Box-Infrastruktur. Damit entfällt eine wesentliche Marktzutrittschranke für den Pay-TV-Markt. Mit der Schaffung einer neutralen Plattform in der Digitalisierungsphase der Satellitenübertragung kann außerdem mit einer deutlichen Ausweitung des Pay-TV-Marktvolumens gerechnet werden. Die Möglichkeiten, die die Digitalisierung eröffnet, können erst mit der Existenz einer offenen Pay-TV-Plattform genutzt werden.
Das Bundeskartellamt sieht die Verbesserungswirkungen gegenüber der Verstärkung der Marktbeherrschung auf dem Satelliten-Transpondermarkt als gewichtiger an, da mit der Entflechtung der DPC von Premiere eine wesentliche Infrastrukturkomponente von dem Endkundenmarkt für Pay-TV, auf dem Premiere marktbeherrschend ist, abgekoppelt wird. Die Entbündelung von (Bottle-Neck-)Vorleistungen und nachgelagerten (Endkunden-)Diensten ist nach den Erfahrungen in den netzgebundenen Telekommunikations-, Energie- und Verkehrsmärkten wettbewerblich höher zu bewerten als die Bündelung zweier Vorleistungskomponenten bei einem Betreiber.