Expansionsdrang von E.ON und RWE in Deutschland vorerst gestoppt
06.06.2007
Mit der Bestätigung der gegenüber dem E.ON Konzern ergangenen Untersagung, sich mit 33 % an den Stadtwerken Eschwege zu beteiligen, hat heute das OLG Düsseldorf eine Grundsatzentscheidung mit weitreichender Auswirkung für die Stromwirtschaft in Deutschland getroffen.
Im Zentrum des Rechtsstreits standen die grundlegenden Fragen, ob die Strommärkte in Deutschland auch heute noch durch ein marktmächtiges Duopol der beiden großen Energiekonzerne E.ON und RWE beherrscht werden und ob dieses Duopol durch die gemein-same Strategie, sukzessive Beteiligungen an Stadtwerken zu erwerben, die Märkte ab-schottet und die Marktmacht der Konzerne ausbaut. Im OLG Beschluss heißt es wörtlich: "Auf den bundesweit abzugrenzenden Elektrizitätsmärkten findet kein wesentlicher Wett-bewerb gegen E.ON und RWE statt, durch den der durch ihre überragende Marktstellung eröffnete Verhaltensspielraum wirksam kontrolliert werden kann."
Im Rahmen dieses Verfahrens stützte das Bundeskartellamt seine Auffassung auf zwei bundesweite Erhebungen, die es zu den Marktverhältnissen auf den Strommärkten in Deutschland durchgeführt hatte. Danach verfügen beide Konzerne über eine überragende Position auf der Ebene der Erzeugung und Verteilung von Strom. So werden mehr als 60 % der in Deutschland bei den Endverbrauchern von Industrie und Haushalten nachgefragten Strommengen unmittelbar von den Konzernen E.ON und RWE selbst erzeugt, importiert und verteilt. Da Strom nicht speicherbar ist, kontrollieren sie mit ihrer Position auf der Erzeuger- und Verteilebene den Weg des Strom hin zu den Verbrauchern. Möglich ist dies beiden Konzernen u. a. aufgrund ihrer großen Kraftwerkparks mit einem breiten Mix aus unterschiedlichen Kraftwerkstechniken. Sie sind – anders als Stadtwerke und unabhängige Kraftwerksbetreiber – in der Lage, alle Lastbereiche wie Grund-, Mittel- und Spitzenlast abzudecken.
Durch die mit den Beteiligungserwerben an Stadtwerken verbundene Absatzsicherung würde die marktbeherrschende Stellung beider Konzerne weiter verstärkt und im Ergebnis auch die Bemühungen um die wettbewerbsfördernden Wirkungen einer Durchleitung in regulierten Stromnetzen zunichte gemacht.
Der Präsident des Bundeskartellamtes Bernhard Heitzer begrüßt die Entscheidung des OLG Düsseldorfs: „Wer die Produktion und die direkte Belieferung des Endverbrauchers über die Stadtwerke kontrolliert, legt auch – trotz Regulierung – fest, was in den Netzen passiert. Es hat sich daher als richtig erwiesen, dass das Bundeskartellamt der fort-schreitenden vertikalen Konzentration im Stromsektor einen Riegel vorgeschoben hat.“
Die Bestätigung der Untersagungslinie durch die OLG-Entscheidung, gegen die E.ON noch Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen kann, stützt das Amt auch in weiteren Verfahren im Bereich der Fusionskontrolle und der Missbrauchsaufsicht, in denen das Stromduopol von E.ON und RWE eine Rolle spielt.