Unternehmensverflechtungen auf dem Prüfstand – Bundeskartellamt veröffentlicht Abschlussbericht der Sektoruntersuchung Walzasphalt

01.10.2012

Das Bundeskartellamt hat heute den Abschlussbericht seiner im Juni 2010 eingeleiteten Sektoruntersuchung Walzasphalt vorgelegt. Der Bericht analysiert die Wettbewerbsprobleme, die mit den Verflechtungen zwischen den verschiedenen Anbietern von Walzasphalt verbunden sind.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Der Bericht beschreibt, dass es in Deutschland ein bundesweites, dichtes Netz von gegenseitigen Unternehmensbeteiligungen und gemeinschaftlich betriebenen Asphaltmischwerken gibt. Insbesondere die vier größten Anbieter Werhahn, STRABAG, EUROVIA und KEMNA sind an einer Vielzahl von Gemeinschaftsunternehmen beteiligt. Die Konzernmütter sind damit ebenso wie ihre gemeinschaftlich betriebenen Tochterunternehmen auf dem Markt für Walzasphalt aktiv. Ein solches flächendeckendes Netzwerk kann zu Interessenkonflikten sowie gegenseitigen Abhängigkeiten und Rücksichtnahmen führen und so wettbewerbshemmende Wirkungen entfalten. Sofern diese Gemeinschaftsunternehmen kartellrechtswidrig sind, wird das Bundeskartellamt auf ihre Auflösung hinwirken.“

Walzasphalt ist mit über 90 % der wichtigste Straßenbelag in Deutschland. Größter Nachfrager ist die öffentliche Hand mit ca. 85 % des produzierten Walzasphalts. Der deutschlandweite Jahresumsatz liegt bei rund 2 Mrd. €. Da Walzasphalt heiß angebaut werden muss, bestehen bundesweit eine Vielzahl von regionalen Märkten, jeweils rund um die Standorte der einzelnen Asphaltmischwerke (ca. 25 km Lieferradius).

In Deutschland gibt es über 550 Asphaltmischwerke. Davon werden rund die Hälfte von Gemeinschaftsunternehmen betrieben. Die Unternehmen Werhahn, STRABAG, EUROVIA und KEMNA sind bundesweit an 405 Asphaltmischwerken beteiligt; rund 60% davon werden in Form von Gemeinschaftsunternehmen betrieben.

Die Gemeinschaftsunternehmen sind nicht selten wiederum untereinander beteiligt und binden als Gesellschafter zahlreiche kleinere Wettbewerber ein. Mindestens zwei Gesellschafter sowie deren Gemeinschaftsunternehmen sind regelmäßig auch mit eigenen Werken in den selben regionalen Marktgebieten oder in deren Nähe tätig.

Das Bundeskartellamt hat in seiner Untersuchung häufig auftretende kritische Marktkonstellationen ermittelt und kartellrechtlich bewertet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Beschluss vom 04.03.2008, KVZ 55/07 - Nord-KS) besteht eine - in jedem Einzelfall zu überprüfende - Regelvermutung für eine kartellrechtswidrige Rücksichtnahme unter den Gesellschaftern und dem Gemeinschaftsunternehmen, wenn mindestens zwei Gesellschafter und das Gemeinschaftsunternehmen mit Mischwerken auf demselben sachlichen und räumlichen Markt tätig sind. Beim Walzasphalt greift diese Regelvermutung für fast 60 % der über 130 festgestellten Gemeinschaftsunternehmen.

Auch in alternativen Konstellationen kann eine Überprüfung notwendig sein, insbesondere wenn eine räumliche Nähe der wirtschaftlichen Aktivitäten der Gesellschafter oder der Austausch wettbewerbsrelevanter Informationen über das Gemeinschaftsunternehmen gegeben sind.

Vor diesem Hintergrund sind nach Auffassung des Bundeskartellamtes Veränderungen in den Unternehmensstrukturen auf dem Walzasphaltmarkt erforderlich. Der Abschlussbericht skizziert das weitere Vorgehen des Amtes. Die Auflösung der kartellrechtlich problematischen Verflechtungen sollte grundsätzlich durch die Unternehmen selbst in die Wege geleitet werden. Das Bundeskartellamt wird erforderlichenfalls zeitnah Verfahren zur Auflösung von kartellrechtswidrigen Gemeinschaftsunternehmen durchführen.

Der Abschlussbericht ist auf der Internetseite des Bundeskartellamtes veröffentlicht. Logo: Offene Märkte | Fairer Wettbewerb

English version

  • Company interlocks on trial - Bundeskartellamt publishes final report on sector inquiry into rolled asphalt industry