Bundeskartellamt untersagt SAKRET Europa Vertriebstätigkeiten für ihre Gesellschafter
20.09.2019
Das Bundeskartellamt hat der SAKRET Trockenbaustoffe Europa GmbH & Co. KG („SAKRET Europa“) untersagt, weiterhin für ihre Gesellschafter und Unterlizenznehmer Vertriebsaufgaben beim Absatz von Trockenbaustoffen an Baumärkte und den Baustoffhandel zu übernehmen.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Kleineren und mittleren Unternehmen eröffnet das deutsche Kartellrecht die Möglichkeit, im Rahmen eines Mittelstandskartells größenbedingte Nachteile gegenüber Großkonzernen auszugleichen. Im Falle von SAKRET Europa erfolgte dies etwa durch einen gemeinsamen Markenauftritt und die Zentralisierung bestimmter Vertriebsfunktionen. Durch den Einstieg des Großkonzerns Knauf durch Übernahme mehrerer beteiligter Mittelständler hat der Verbund dann aber im Laufe der Zeit so hohe Marktanteile erreicht, dass eine weitere Duldung der bestehenden Strukturen durch das Bundeskartellamt nicht mehr möglich war. Eine kartellrechtskonforme Umgestaltung und Fortführung des deutschen SAKRET Vertriebssystems ist aus unserer Sicht aber möglich und wäre auch zu begrüßen, um kleine und mittlere Anbieter weiterhin zu stärken.“
SAKRET Europa war vom Bundeskartellamt im Jahr 1982 als sogenanntes Mittelstandkartell anerkannt worden. Die US-amerikanische Inhaberin der Marke SAKRET hat weltweit Lizenzen zur Nutzung der Marke an unabhängige Unternehmen erteilt. Lizenznehmerin für Deutschland und das übrige Europa ist SAKRET Europa, die wiederum dem Großteil ihrer Kommanditisten sowie weiteren Unternehmen jeweils regionale SAKRET-Unterlizenzen erteilt hat. Kommanditisten sind u.a. vier mittelständische Baustoffhersteller sowie – über eine Tochtergesellschaft – das Großunternehmen Gebr. Knauf KG.
In Deutschland umfasst das SAKRET-Produktsortiment mehr als 500 Produkte in über 3.000 Produktvarianten für die Anwendungsbereiche Mauerwerk, Fassade, Innenwand/Decke, Boden, Betonbau u.a. Es gibt SAKRET-Produkte insbesondere für Mörtel, Putze, Betone, Estriche und Grundierungen. Im Vertrieb an Baumärkte verhandelt die SAKRET Europa zentral die Preise und Konditionen für ihre Gesellschafter. Im Verhältnis zum Baustofffachhandel verhandelt sie nur Rahmenkonditionen, während die Preise dezentral von den Unterlizenznehmern bestimmt werden. Im Rahmen ihrer Tätigkeit vereinheitlicht SAKRET Europa damit das Marktverhalten ihrer Gesellschafter und Unterlizenznehmer.
Nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes führt dies auf den betroffenen Baustoffmärkten zu einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung. Eine Freistellung kam aufgrund der gemeinsamen Marktanteile des SAKRET-Verbundes sowie der Vereinheitlichung der Verkaufspreise von Gesellschaftern und Unterlizenznehmern beim Absatz der Produkte nicht in Frage.
Das Bundeskartellamt hatte seit Einleitung des Verfahrens im Jahre 2010 immer wieder angeregt, die wettbewerbliche Problematik der Präsenz des Großunternehmens Knauf in der Kooperation – etwa durch Fortsetzung der Kooperation ohne Knauf – einvernehmlich zu lösen. Die Anregungen wurde von einigen der beteiligten Unternehmen aufgegriffen, die im Laufe des Verfahrens Vorschläge für eine Umgestaltung der Vertriebsorganisation vorlegten, die nach Auffassung des Bundeskartellamts eine gute Grundlage dafür gewesen wären, die kartellrechtlichen Bedenken auszuräumen. Eine Einigung auf diese Vorschläge wurde jedoch trotz langwieriger Verhandlungen im Gesellschafterkreis nicht erreicht. Die übrigen satzungsgemäßen Aufgaben der SAKRET Europa wie das markenbezogene Marketing oder die Lizenzverwaltung sind von der Untersagung nicht betroffen.
Die Entscheidung des Bundeskartellamtes ist noch nicht rechtskräftig. Die Verfahrensbeteiligten haben die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde.
Die Entscheidung wird nach der Bereinigung um Geschäftsgeheimnisse in einigen Wochen auf der Internetseite des Bundeskartellamtes veröffentlicht.