Bundeskartellamt erhebt keine kartellrechtlichen Einwände gegen Erwerb einer Beteiligung von RWE an E.ON
26.02.2019
Das Bundeskartellamt hat heute das Vorhaben der RWE AG freigegeben, eine Minderheitsbeteiligung in Höhe von 16,67 Prozent an der E.ON SE zu erwerben. Das Vorhaben ist Teil des geplanten umfassenden Tauschs von Geschäftsaktivitäten zwischen den beiden Unternehmen. Die Entscheidung des Bundeskartellamtes erfolgt zeitgleich mit der Freigabe der EU-Kommission hinsichtlich des Erwerbs weiterer E.ON-Vermögenswerte durch RWE. Die Prüfung des Erwerbs der Mehrheitsbeteiligung an der Innogy SE durch E.ON durch die EU-Kommission dauert noch an.
Der vom Bundeskartellamt zu prüfende Teil des Gesamtvorhabens betrifft im Schwerpunkt den Markt für die Erzeugung und den Erstabsatz von Strom, z. B. an Großhändler, Weiterverteiler und Großverbraucher, nicht aber den Stromvertrieb an Endverbraucher.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir haben die Auswirkungen der Beteiligung von RWE an E.ON in Höhe von 16,67 Prozent in Kooperation mit der EU-Kommission gründlich geprüft. Es entstehen keine wettbewerblichen Probleme bei der Stromerzeugung und dem Erstabsatz von Strom.
RWE ist zwar der mit Abstand führende Anbieter bei der konventionellen Stromerzeugung in Deutschland. Durch diesen Teil der Transaktion verändert sich die Marktposition von RWE jedoch nur minimal.“
Als konventionell gilt die nicht nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) geförderte Stromerzeugung, insbesondere aus Atom-, Kohle- und Gaskraftwerken. Bei der Beurteilung der Auswirkungen des Anteilserwerbs war zum Einen zu berücksichtigen, dass RWE von E.ON im Zuge der Gesamttransaktion konventionelle und nach dem EEG geförderte Erzeugungskapazitäten erwirbt. Bei den erworbenen konventionellen Kapazitäten handelt es sich allerdings um Anteile an und Rechte für den Strombezug aus Atomkraftwerken, die spätestens bis Ende 2022 abgeschaltet werden. Zum Zweiten war zu berücksichtigen, dass RWE konventionelle sowie nach dem EEG geförderte Erzeugungskapazitäten an E.ON abgibt. Dies geschieht im Zuge der Veräußerung der Mehrheitsbeteiligung an Innogy an E.ON. Dieser Teil des Vorhabens wird derzeit noch von der EU-Kommission überprüft. Der hier lediglich zu beurteilende Erwerb der Minderheitsbeteiligung an E.ON durch RWE würde selbst bei voller Zurechnung sämtlicher Erzeugungskapazitäten von E.ON rechnerisch nur zu einem geringfügigen Kapazitätszuwachs bei RWE führen. Mit Abschluss des Atomausstiegs Ende 2022 und damit innerhalb des Prognosezeitraums würde am Ende dauerhaft nur ein minimaler Zuwachs von deutlich weniger als einem Prozent der konventionellen Erzeugungskapazität in Deutschland verbleiben.
Aufgrund der begrenzten Speicherbarkeit von Strom spiegelt eine Marktanteilsbetrachtung die Marktmachtverhältnisse bei der Stromerzeugung und dem Erstabsatz von Strom zudem nicht vollständig wider. Das Bundeskartellamt hat daher im Zuge der Ermittlungen umfangreiche Daten zum konkreten Einsatz sämtlicher Kraftwerke in Deutschland erhoben. Auf dieser Grundlage wurde analysiert, in welchem Ausmaß die Erzeugungskapazitäten von RWE tatsächlich unverzichtbar sind, um die Stromnachfrage in Deutschland zu decken (sog. RSI-Analyse). Die Ergebnisse zeigen, dass die Kraftwerke von RWE derzeit bereits in einer nicht unerheblichen Anzahl von Stunden im Jahr unverzichtbar für die Deckung der Stromnachfrage sind. Der bis Ende 2022 abgeschlossene Atomausstieg dürfte dazu führen, dass das Ausmaß der Unverzichtbarkeit des dann noch verbleibenden RWE-Kraftwerksparks zukünftig noch deutlich zunehmen wird.
Andreas Mundt: „Perspektivisch wird die Bedeutung des RWE-Kraftwerksparks für eine versorgungssichere Deckung der Stromnachfrage in Deutschland deutlich zunehmen. Gründe hierfür sind die bevorstehende Abschaltung der letzten Atomkraftwerke sowie der geplante Kohleausstieg. Diese Entwicklung, die wir sehr sorgfältig beobachten werden, wird aber nicht durch die jetzige Beteiligung an E.ON verstärkt.“
Zwar beteiligt sich mit RWE das größte Erzeugungsunternehmen am perspektivisch führenden Stromeinzelhändler. Die Minderheitsbeteiligung führt jedoch nicht zu wettbewerblich erheblichen Abschottungsanreizen. Im Gasbereich waren bereits aufgrund der vergleichsweise geringeren Marktanteile oder des Fehlens von Überschneidungen der jeweiligen Tätigkeitsbereiche von RWE und E.ON keine negativen wettbewerblichen Auswirkungen zu erwarten.
Hintergrund: Der Erwerb der Minderheitsbeteiligung durch RWE stellt im Gegensatz zu den übrigen Bausteinen der Gesamttransaktion keinen Zusammenschluss („Kontrollerwerb“) nach europäischem Recht dar. Er erfüllt jedoch den Tatbestand des Erwerbs eines wettbewerblich erheblichen Einflusses nach deutschem Recht und war daher in Deutschland anmeldepflichtig.
Weitere Informationen zu dem Verfahren haben wir in einem Hintergrundpapier zusammengestellt.