Bundeskartellamt – Jahresrückblick 2022

22.12.2022

Das Bundeskartellamt im Jahr 2022:

- rund 24 Mio. Euro Bußgelder wegen verbotener Kartellabsprachen verhängt

- Verfahren gegen Amazon, Meta (ehem. Facebook) und Google abgeschlossen

- rund 800 Zusammenschlüsse von Unternehmen geprüft

- rund 120 Nachprüfungsanträge in Vergabesachen bearbeitet

- rund 4.000 Einträge und 120.000 Abfragen im Wettbewerbsregister vorgenommen

 

Reaktion auf Inflation und steigende Energiepreise

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Der russische Angriff auf die Ukraine hat viele Märkte in Aufruhr versetzt. Die Inflation ist überall spürbar, besonders bei den Energiepreisen. Unseren Fokus haben wir unmittelbar darauf ausgerichtet: Wir kümmern uns um krisenbedingte Kooperationen in der Wirtschaft, die etwa Mangellagen vorbeugen. Im Mineralölsektor, speziell bei den Raffinerien, monitoren wir die Märkte engmaschig und bringen Licht ins Dunkel. Und wir haben mit dem organisatorischen Aufbau einer Abteilung zur Bekämpfung etwaigen Missbrauchs bei den Energiepreisbremsen für Strom, Gas und Wärme begonnen.“    

Kartellverfolgung

Das Bundeskartellamt hat 2022 rund 24 Mio. Euro Bußgeld gegen insgesamt 20 Unternehmen und 7 natürliche Personen verhängt. Betroffen waren Branchen wie Brückendehnfugen oder der Industriebau. 13 Unternehmen haben dem Bundeskartellamt über Kronzeugenanträge neue Informationen über Verstöße in ihrer Branche mitgeteilt. Daneben erreichten das Amt weitere Hinweise aus anderen Quellen. In zwei Fällen wurden Verfahren insbesondere aufgrund von Hinweisen eingeleitet, die über das anonyme Hinweisgebersystem eingegangen waren. Im Jahr 2022 hat das Amt insgesamt 12 Durchsuchungsaktionen durchgeführt, weitere sechs im Wege der Amtshilfe.

Andreas Mundt: Die Jahre der Pandemie hatten die Kartellverfolgung erschwert. Hier sind wir auf dem Weg der Normalisierung. Wir verzeichnen die höchste Zahl an Durchsuchungen seit Jahren, trotz tendenziell rückläufiger Kronzeugenanträge. Das sendet ein deutliches Signal: Kein Kartell kann sich sicher fühlen. Die Aufdeckung bleibt effektiv.“  

Digitalwirtschaft

Andreas Mundt: „Die Digitalwirtschaft steht natürlich ganz oben auf unserer Agenda. Die Anwendung der erweiterten Missbrauchsaufsicht über Digitalkonzerne funktioniert. In diesem Jahr haben wir Verfahren gegen Meta (ehem. Facebook), Amazon und Google abgeschlossen. Erste konkrete Verbesserungen für den Wettbewerb und die Verbraucherinnen und Verbraucher wurden erwirkt. Die laufenden Verfahren treiben wir mit hoher Priorität voran.

Neben den Verfahren im Bereich der Missbrauchsaufsicht hat das Bundeskartellamt im Digitalbereich auch Gebrauch von seiner Befugnis gemacht, sog. Sektoruntersuchungen durchzuführen. Im vergangenen Jahr wurde der Diskussionsbericht der Untersuchung zu nicht-suchgebundener Online-Werbung vorgelegt. Im Bereich Verbraucherschutz steht die Untersuchung zu Messenger- und Videodiensten kurz vor dem Abschluss. Eine neue Untersuchung zum Scoring beim Online-Shopping wurde eingeleitet.

Fusionskontrolle

Andreas Mundt: „Für uns ist und bleibt die Fusionskontrolle das zentrale Instrument, um wettbewerbliche Marktstrukturen präventiv zu schützen. 2022 bleibt die Zahl der Fusionsprüfungen beachtlich, wenn auch in der Tendenz weiterhin rückläufig. Die möglichen Ursachen für diesen Rückgang sind vielfältig (z.B. Pandemie, Ukraine-Krieg), so dass dieser nicht eindeutig auf die im Jahr 2021 gesetzlich angehobenen Aufgreifschwellen zurückzuführen ist. Die gegenwärtig hohe Inflation könnte sich perspektivisch steigernd auf die Anzahl der Anmeldungen auswirken.

Das Bundeskartellamt hat 2022 rund 800 angemeldete Zusammenschlussvorhaben geprüft. Davon wurden acht Vorhaben in der sogenannten zweiten Phase einer vertieften Prüfung unterzogen: Ein Zusammenschluss im Bereich Oberflächenentwässerung wurde untersagt und zwei weitere, die Übernahme von OMV-Tankstellen durch EG Group (Esso) sowie die Verbindung von Rheinenergie und Westenergie (E.ON), wurden nur unter Auflagen freigegeben. In zwei weiteren Fällen haben die beteiligten Unternehmen das Vorhaben während der laufenden Prüfung aufgegeben. Drei Prüfungen laufen noch.

Wettbewerbsregister

Seit Juni 2022 ist das Wettbewerbsregister in vollem Wirkbetrieb. Alle Abfragepflichten und Auskunftsrechte sind anwendbar. Das Register stellt allen öffentlichen Auftraggebern in Deutschland Informationen darüber zur Verfügung, ob ein Unternehmen wegen begangener Wirtschaftsdelikte von einem öffentlichen Vergabeverfahren auszuschließen ist oder ausgeschlossen werden kann.

Andreas Mundt: Das Wettbewerbsregister wird rege angenommen, die Zahlen des ersten Jahres belegen dies. Rund 4.000 Wirtschaftsdelikte wurden eingetragen, über 120.000 Abfragen sind erfolgt, zuletzt waren es 1.000 Abfragen pro Tag. Öffentliche Auftraggeber können in Vergabeverfahren vor Vertragsschluss über ein Web-Portal prüfen, ob es bei einem Unternehmen zu relevanten Rechtsverstößen gekommen ist. Solche Unternehmen sollen nicht von öffentlichen Vergaben und Konzessionen profitieren.

Unternehmen haben die Möglichkeit, einen Antrag auf vorzeitige Löschung eines Eintrags im Wettbewerbsregister zu stellen. Dafür müssen sie ihr Fehlverhalten aufarbeiten und Vorkehrungen zur Vermeidung zukünftiger Rechtsverstöße treffen (sog. Selbstreinigung). Zum Verfahren hat das Bundeskartellamt Leitlinien und Verfahrenshinweise veröffentlicht. In sechs Fällen wurde ein entsprechender Antrag bisher positiv beschieden.

Angekündigte Novellen des GWB

Der Bundeswirtschaftsminister hat für das kommende Jahr die 11. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) angekündigt. Das Bundeskartellamt begleitet die Novelle intensiv.

Andreas Mundt: „Mit der 11. GWB-Novelle sollen unsere bestehenden Instrumente gestärkt und neue Eingriffsbefugnisse geschaffen werden. Es geht vor allem darum, auf Märkten, auf denen der Wettbewerb dauerhaft nicht funktioniert, wirksame Verbesserungen durchzusetzen.“  

English Version:

  • Competition Register for Public Procurement in full operation – obligation to consult the register and rights to information now applicable