Missbrauchsaufsicht über Energiepreisbremsen: Erste Prüfverfahren eingeleitet – weitere stehen bevor
15.05.2023
Das Bundeskartellamt hat erste Prüfverfahren auf der Grundlage der Energiepreisbremsen-Gesetze eingeleitet. Die Verfahren betreffen Unternehmen, die für die Belieferung mit Gas Erstattungsanträge nach den Preisbremsen-Gesetzen gestellt haben.
Die Missbrauchsverbote der Preisbremsen-Gesetze verbieten eine Preisgestaltung gegenüber den Letztverbraucherinnen und Letztverbrauchern, die zur Erlangung ungerechtfertigter staatlicher Entlastungsbeträge führt. Anfang des Jahres hat eine neue Abteilung des Bundeskartellamtes die Missbrauchsaufsicht über die Preisbremsen übernommen.
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Der Staat stellt mit den Energiepreisbremsen riesige Finanzmittel zur Entlastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern und Industrie zur Verfügung. Wir haben hierbei die Aufgabe, den Staat vor Ausbeutung zu schützen. Die ersten eingeleiteten Prüfverfahren betreffen eine zweistellige Zahl von Gasversorgern, die möglicherweise überhöhte Erstattungsanträge nach den Preisbremse-Gesetzen gestellt haben. Wir haben Anhaltspunkte dafür, dass die zugrundeliegenden Preise gegenüber den Endkunden sachlich nicht gerechtfertigt sein könnten und sind dabei, Licht ins Dunkel bringen. Weitere Verfahrenseinleitungen, bezogen auf die Bereiche Fernwärme und Strom, stehen bevor. Obgleich es keinen Generalverdacht gibt, werden wir künftig alle Antragsdaten zu den Ausgleichszahlungen der antragstellenden Unternehmen einer regelmäßigen systematischen Untersuchung, d.h. einem Screening unterziehen.
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Den jetzt eingeleiteten Verfahren vorausgegangen ist eine Analyse sämtlicher Antrags- und Meldedaten in mehreren tausend Anträgen durch das Bundeskartellamt, aus denen sich insbesondere Preisstellung, Liefermengen, Entlastungssummen und Kundenzahlen ergeben. Im Rahmen der Prüfverfahren wird das Bundeskartellamt zunächst die als auffällig identifizierten Unternehmen systematisch und datengestützt befragen. Im Fokus steht aktuell eine zweistellige Anzahl auffälliger Unternehmen aus dem Gasbereich. Weitere Verfahrenseinleitungen bei Fernwärme und Strom stehen bevor.
Sollten Verstöße festgestellt werden, so müssen unrechtmäßig erlangte Ausgleichzahlungen an die Bundesrepublik Deutschland bzw. die Strom-Übertragungsnetzbetreiber zurückgezahlt werden. Auch die Verhängung von Geldbußen ist möglich.
Hintergrund
Mit dem Inkrafttreten von StromPBG und EWPBG hat sich der Aufgabenkatalog des Bundeskartellamtes um diese energiespezifische Missbrauchsaufsicht nach den Preisbremse-Gesetzen (StromPBG, EWPBG) erweitert. Anders als die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht setzt ein Tätigwerden des Bundeskartellamtes nach den Preisbremse-Gesetzen keine marktbeherrschende Stellung von Unternehmen voraus. Sobald Unternehmen Erstattungen nach den Preisbremse-Gesetzen beantragen, unterliegen sie der neuen Missbrauchsaufsicht.
Über die Hintergründe zu den Preisbremse-Gesetzen hatte das Bundeskartellamt bereits nach dem Inkrafttreten der neuen Gesetze im Dezember 2022 informiert (siehe Pressemeldung vom 20. Dezember 2022)
Die Preisbremsen zielen darauf ab, die Letztverbraucherinnen und -verbraucher durch eine Deckelung der Preise für bestimmte Entlastungskontingente für Gas, Wärme und Strom (in der Regel 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs) zu entlasten.
Die Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen für das Entlastungskontingent ausschließlich den gesetzlich festgelegten und in der Höhe gedeckelten Preis pro Kilowattstunde. Sofern die Verbraucherinnen und Verbraucher dieses Kontingent nicht überschreiten, sind sie daher auch von Preiserhöhungen über den Preisdeckel hinaus während der Laufzeit der Preisbremsen nicht betroffen. Die Energieversorger erhalten aus der Staatskasse entsprechende Ausgleichszahlungen, deren Höhe von der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Arbeitspreis und dem durch die Preisbremsen gedeckelten Arbeitspreis bestimmt wird. Die Preisbremsen-Gesetze verbieten eine missbräuchliche Ausnutzung dieser Entlastungsregeln (§ 39 StromPBG und § 27 EWPBG). Damit soll insbesondere verhindert werden, dass Energieversorger eine höhere staatliche Ausgleichzahlung erhalten, indem sie ihre Arbeits-(Endkunden-)preise für Gas, Wärme oder Strom erhöhen, obwohl es für die Preiserhöhung keine sachliche Rechtfertigung durch gestiegene Kosten gibt.