Bundeskartellamt prüft erhebliche Wettbewerbsstörung im Kraftstoffgroßhandel – Erstes Verfahren auf Basis des neuen Wettbewerbsinstruments

06.03.2025

Das Bundeskartellamt macht im Bereich des Kraftstoffgroßhandels erstmals Gebrauch von dem 2023 in Kraft getretenen neuen Wettbewerbsinstrument (§ 32f Abs. 3 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, GWB). Die Behörde hat ein Verfahren eingeleitet, um in einem ersten Schritt zu prüfen, ob im Kraftstoffgroßhandel eine erhebliche und dauerhafte Störung des Wettbewerbs vorliegt. Sollte sich dies bestätigen, könnte das Bundeskartellamt zielgerichtete Maßnahmen erwägen, um diese Störungen abzustellen.  

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wenn der Wettbewerb in einer Branche schon aufgrund struktureller Gegebenheiten gestört ist, stößt das klassische Kartellrecht, das an einen Gesetzesverstoß einzelner Unternehmen anknüpft, an seine Grenzen. Anhaltspunkte für eine solche strukturelle Störung des Wettbewerbs sehen wir im Kraftstoffgroßhandel. Insbesondere die hier weit verbreiteten Preisinformationsdienste könnten ein hohes wettbewerbliches Risiko bergen. Dem wollen wir jetzt weiter nachgehen. Unser neues Eingriffsinstrument ist genau für solche Fälle gedacht. Zunächst werden wir prüfen, ob auf einzelnen Märkten oder marktübergreifend eine erhebliche und fortwährende Störung des Wettbewerbs besteht. Sollte sich dies bestätigen, werden wir die Ursachen angehen, um den Wettbewerb wieder zu beleben.“

Im Rahmen der kürzlich abgeschlossenen Sektoruntersuchung Raffinerien und Kraftstoffgroßhandel (siehe Pressemiteilung vom 19. Februar 2025) hatten sich erste Anhaltspunkte für erhebliche wettbewerbliche Risiken aufgrund der im Kraftstoffgroßhandel genutzten Preisinformationsdienste ergeben. Durch die Veröffentlichung von sehr detaillierten Marktinformationen steigt generell das Risiko einer Kollusion, also einer stillschweigenden Einigung der Marktteilnehmer auf ein Preisniveau, das über dem Wettbewerbspreis liegt. Auch besteht die Gefahr, dass einzelne Marktteilnehmer Preisnotierungen gezielt manipulieren. Hinweise auf konkrete Kartellrechtsverstöße haben die Ermittlungen hingegen nicht ergeben. In seinem jetzt eingeleiteten Verfahren wird das Bundeskartellamt daher insbesondere die Auswirkungen der beiden in Deutschland am häufigsten genutzten Preisinformationsdienste von Argus Media und S&P Global näher untersuchen.

Das neue kartellrechtliche Instrument des § 32f Abs. 3 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sieht ein mehrstufiges Verfahren vor und erlaubt es dem Bundeskartellamt in einem ersten Schritt im Anschluss an eine Sektoruntersuchung auf einem oder mehreren Märkten eine erhebliche und fortwährende Störung des Wettbewerbs festzustellen. Darauf aufbauend können dann Abhilfemaßnahmen verhängt werden, auch ohne konkrete Feststellung eines Verstoßes gegen das Kartellrecht.

Das Verfahren nach § 32f Abs. 3 GWB ist subsidiär zu den sonstigen Befugnissen des Bundeskartellamtes. Nach derzeitigem Erkenntnisstand erscheint die Anwendung der herkömmlichen Befugnisse möglicherweise nicht ausreichend, um die festzustellenden Wettbewerbsdefizite wirksam und dauerhaft zu beseitigen.